Der Kernölbotschafter trifft Señora Corona

Das etwas andere Tagebuch


Golfplatz Rif

 

26. April 2020: Der ideale Corona-Freizeitzeitvertreib

Bevor morgen unser Zuerst-Jung-dann-Alt-dann-wieder-Jung-und-jetzt-Krisen-Kanzler Sebastian Kurz seine als bedeutend angekündigte Rede an die Nation hält, für die er mit – wie immer gut abgeschmeckten – Kusshänden und nassen Fetzen überhäuft werden wird, möchte ich seinen Stellvertreter vor den Vorhang holen: Werner Kogler, der erste grüne Vizekanzler in der österreichischen Geschichte.

Das bärbeißig-steirische Grün-Urgestein ist bekanntlich nicht nur die Nummer 2 in der Regierung, sondern auch Sportminister. In dieser Eigenschaft war er heute in der ungemein wichtigen Sendung Sport am Sonntag zu Gast und erklärte dem Publikum an den Empfangsgeräten, welche Formen der Ertüchtigung unserer Körper in diesem Sommer erlaubt sein werden und welche nicht.

Für Mannschaftssportarten schaut es schlecht aus; und noch schlechter für Kampfsportler, die üblicherweise im Vollkontakt aufeinander eindreschen. Dabei fliegen nicht nur die Fäuste hin und her – auch die Tröpfchen pflegen einen sehr intensiven Austausch. Sogar der beste Mixed-Martial-Arts-Fighter, der seine Gegner für gewöhnlich in Sekunden platt macht („Der hat gar keine Zeit zum Schwitzen, also gibt es auch keine Tröpfchen!“), muss deshalb einsehen, dass er seine Kunst erst wieder zeigen kann, wenn Señora Corona das Weite gesucht hat.

Bis dahin gilt es also nun, Alternativen zu finden. Und da ist dem Werner Kogler die Königsidee der gesamten bisherigen Pandemie-Krise eingefallen: Golf.

Das mittlerweile zum Breitensport gewordene Ballerlschupfen war früher nur den Betuchteren unter den Erdenbürgern vorbehalten. Dabei vereint es alles, was wir in der aktuellen Situation so dringend benötigen: Bewegung an der frischen Luft, Kontemplation durch die langen Wanderungen von Loch zu Loch, Konzentration beim Putten (das Runde muss ins Runde – dies kann manche schon vor erhöhte cerebrale Herausforderungen stellen!) und vieles mehr. Sogar Hasenfreunde, die dem heuer ausgefallenen Ostereier-Suchen nachtrauern, kommen beim Wo ist das Balli?-Spiel im Rough (Golfersprache für weit weg von dort, wo ich eigentlich hinwollte) voll auf ihre Kosten. Sie sehen, Golf ist der perfekte Freizeitzeitvertreib (habe ich gerade ein neues Wort erfunden?), um weg von der Couch und somit gut durch die restlichen Corona-Monate zu kommen.

Obacht geben sollten nur die schon erwähnten Vollkontakt-Kampfsportler, die vorübergehend auf das edle Spiel der Ladies and Gentlemen umsteigen wollen. Besonders beim Abschlag ist der vorgeschriebene Sicherheitsabstand undbedingt einzuhalten! Andernfalls kann es passieren, dass ein gestählter Kämpfer durch eine zu hastige Ausholbewegung seines Gegners unabsichtlich in sein altes Muster zurückfällt und dem Flight Partner, mit dem er sich im Grunde gepflegt unterhalten wollte, ansatzlos den eigenen Schläger über den Scheitel zieht. Das Spiel wäre leider zu Ende, noch bevor es überhaupt richtig beginnen konnte.

Was zum Abschluss besonders hervorgehoben werden muss: Der Golfsport ist das ideale Für-die-Zeit-nach-der-Krise-brauche-ich-unbedingt-neue-Kontakte-Werkzeug. Am dritten Loch wird man einander vorgestellt, am sechsten Loch erhält man die ersten Tipps (sportlich wie geschäftlich) und am neunten Loch ist man der Duz-Freund des Generaldirektors seines wichtigsten Kunden. Im Clubhaus wird das neue Millionenprojekt ausgiebig begossen und zu guter Letzt in trockene Tücher gewickelt. Donald Trump sagt, bei ihm funktioniert das immer!

Folgen Sie mir nun nach Rif bei Salzburg, wo sich zwei Freunde nach glücklich überstandenem Winter zur Saisoneröffnung im Golfklub treffen.

Servus, Rüdiger! – Grüß dich, Franz!
Schaut so aus, als is’ der ganz
Schlimme Winter nun vorbei
Da hab’ i’ dacht, ich mach’ mich frei
Und fahr’ nach Rif für a paar Schläge
Jaguar aus dem Gehege
Sommerpatscherl g’schwind montiert
Ich hoff’ nur, dass nimmer friert

Am Parkplatz bin i’ gleich erstarrt!
Weißt, wer vor mir einifahrt?
Da Melnhof mit sein’ Maserati!
Da Mateschitz hat an Bugati!
Ja, altes Holz und süße Safterl
Ich hab’ g’wusst, i’ brauch a Achterl
An der neuen Clubhaus-Bar
Was sag’ ich – alle war’n sie da

Wo is’ die Gattin, die Brunhilde?
Is’ das Klima ihr zu milde? -
Die hat Falten um die Augen
Noch vom letzten Fettabsaugen
Darum meidet’s die Gesellschaft
Bis die Sach’ is’ aus der Welt g’schafft -
B’stell ihr bitte meine  Grüße
Ich muss wirklich auf die Wiese

Na dann, spiel’ ma eine Runde? -
Spinnst? Ich hab’ doch nur a Stunde
Zeit! Des reicht, dass man mein G’sicht
Hier in dieser Runde siecht
Außerdem gibt’s heut’ ein Essen
Darauf hätt’ ich fast vergessen
Mit dem jungen Herrn BK
Also pfiat di’, tschau, baba!

 Aus „Liebe und andere Katastrophen“
Weishaupt Verlag, Gnas 2009

Erkenntnis des Tages: Bewegung im Freien hält fit, und wenn man dabei auch noch nach einem Ball schlagen kann, werden überschüssige Energien abgebaut. Finden Sie eine Sportart, die zu Ihnen passt, durchführbar ist und Spaß macht.

Zitat des Tages: „Golf ist ein schöner Spaziergang, der einem verdorben wird.“ (Wer Mark Twains Meinung über diesen Sport anhängt, lässt die Schläger besser zuhause und geht nur spazieren.)

Song des Tages: Shitty Golfer (Der amerikanische Country-Star Toby Keith ist zweifellos froh darüber, sich für die Musik als Broterwerb entschieden zu haben.)
https://www.youtube.com/watch?v=hEwnd1wbE-M

Feder

 

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