Der Kernölbotschafter trifft Señora Corona
Das etwas andere Tagebuch
Künstlerin:Sabine Schilcher-Asen
24. April 2020: Das lange Fern-Sein
„Am 1. Mai kann ich endlich wieder zu meinem Freund fahren.“
Anna lässt einen sehnsuchtsvollen Seufzer folgen. Sie ist eine langjährige Bekannte, die drei Meter von mir entfernt und mit Maske in meinem Büro sitzt. Der KB ist heute nicht da, und so kann ich mich in aller Ruhe über ein Thema austauschen, das im Tagebuch bisher keinen Platz fand: Liebende in einer Fernbeziehung, die dank Señora Corona eine gänzlich andere Form von Quarantäne erleben. Anna erzählt von langen Telefonaten, die sich mit Phasen ohne Kontakt abwechseln. Die gab es auch früher, doch waren sie nie von Reflexionen über die Partnerschaft begleitet. Was ist wichtig? Haben wir die Möglichkeit, in Zukunft zusammen zu leben – und wollen wir das überhaupt? Genügt ein „Ich liebe dich“ am Telefon, oder müssen wir es aneinander erleben, erblicken und erspüren?
Ich höre zu, mit einem seltsamen Ziehen in mir. Allein zu leben hat viele Vorteile, doch Annas Warten auf das Wiedersehen mit ihrem Liebsten offenbart eine Freude, die das lange Fern-Sein zu einer für sie beide bald überwundenen Prüfung macht, so ihre Verbindung stärken und vertiefen wird. Singles haben keinen Zugang zu dieser Energie. „Wir haben dafür Freiheit“, sagen sie dann, aber das ist etwas völlig anderes und niemals vergleichbar.
Mögen folgende Gedichte die letzten sieben Tage für alle getrennt Liebenden schöner, erträglicher und auch ideenreicher machen – welches würdet ihr besonders gerne ans andere Ende der Strecke schicken, die unsere kaltherzige Señora Corona zwischen euch gelegt hat?
Ein Engel
Ein Engel ist vom Himmel gefallen
In meine offenen Arme
Ich hielt ihn fest, erkannte sein Strahlen
Er zog mich sanft in das Warme
Wir reisten gemeinsam an einen Ort
Wo Glück statt Zeit wird gemessen
Ein Kuss, ein Lächeln, ein zärtliches Wort
Ließ die zweite Wahrheit vergessen
Irgendwann später flog er davon
Freiheit beschützt seinen Segen
Ein wenig Goldstaub blieb mir zum Lohn
Die Spur ins Licht will ich legen
Auf deiner Seite
Auf deiner Seite des Bettes
Bist du immer ein bisschen da
Im Geruch deines Polsters
In der durchwühlten Decke
Auf deiner Seite des Bettes
Sehe ich wache, kluge Augen
Tore des herzlichen Willkommens
Zu deinem tiefgründigen Wesen
Auf deiner Seite des Bettes
Schlägt ein Herz noch lange weiter
Ohne Heute, Morgen, Gestern
Mein stilles Glück, fern aller Zeit
Above The Clouds
As the sunlight starts to dimm
And I know you far away
I turn all my senses in
Dreaming of another day
I go back in time and place
When you fell before my eye
What a sudden happiness
I was free to touch the sky
I’ll return to Italy
In my little village south
If it’s just a memory
See you there above the clouds
Angst um dich
Du gehst über die Straße
Ich habe Angst um dich
Nur Worte bleiben zurück
Wenn du mich verlässt
Du bist wieder bei mir
Und meine Angst wird größer
Vielleicht ist das der Grund
Warum ich so glücklich bin
Ewig und neu
Komm zu mir heut’ Nacht
Flüstert er leis’
Ich halt’ für dich Wacht
Mein Herz um dich weiß
Bleib’ bei mir heut’ Nacht
Wünscht sie sich still
Zum Geschenk wird gemacht
Was Gott geben will
Die Welt ruht heut’ Nacht
In den Armen der zwei
Erstrahlt von der Pracht
So ewig und neu
Song des Tages:I Drove All Night (Der selige Roy Orbison wusste es: Wer noch keine ganze Nacht zu seinem Herzensmenschen durchgefahren ist, hat wohl bisher wohl niemals wirklich geliebt.) https://www.youtube.com/watch?v=m5N9IHqqGcA