Neue Briefe, die nie verschickt wurden

 

24. Dezember 2019: Liebes Christkind!

Bestimmt wirst du heute von Wünschen aus allen Richtungen überschwemmt. Dabei tritt ein Phänomen auf, das in unserer Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnt: Wir wünschen uns etwas, bekommen aber etwas anderes. Die philosophische Auslegung könnte lauten, dass der Schenkende am besten weiß, was der Beschenkte besonders dringend braucht. Blöd nur, wenn die Ansichten der beiden himmelweit auseinanderliegen.

Die Kernölbotschafter-Redaktion dankt dir sehr dafür, einen Einblick in das Hätte ich gerne gehabt / Wo kann ich das jetzt bloß umtauschen?-Spiel erhalten zu haben. Findet diese Prämisse auf die österreichische Politprominenz Anwendung, ergeben sich daraus bemerkenswerte Erkenntnisse.

Pamela Rendi-Wagner wünscht sich viele Spenden für den Neuanfang der SPÖ. Bekommen wird sie jedoch nur ein gebrauchtes Navi um zu prüfen, ob die Richtung wirklich stimmt. Die Garantie dafür ist schon lange abgelaufen, aber ein neuwertiges Gerät lassen die Finanzen der Partei heuer beim besten Willen nicht zu.

Heinz Christian Strache wünscht sich eine neue Partei und ein paar neue Freunde. Wunsch 1 ist zu einem Neuntel schon in Erfüllung gegangen, auch wenn ihm der Titel nicht gefällt. Strache hatte ZPÖ vorgeschlagen, Zack-Zack-Partei Österreichs. Dieser Begriff ist den meisten Staatsbürgern vertraut und hätte zudem auf Grund der klanglichen Nähe den dahinsiechenden Sozialisten noch mehr Wasser abgegraben. Wunsch 2 kann sich Strache selbstredend aufzeichnen. Bekommen wird er eine von den Mitgliedern des FPÖ-Bundesvorstandes signierte Ibiza-Abenteuer-Landkarte, auf der alle zur Miete stehenden Villen markiert sind. Außerdem noch viele Einladungen von Staatsanwälten und Untersuchungsausschüssen – für alle möglichen Anlässe, aber leider nicht übertragbar.

Werner Kogler ist bescheiden. Er wünscht sich heuer gar nichts zu Weihnachten, weil er das ganze Jahr über schon so viel bekommen hat. Aber natürlich liegt auch für ihn ein Packerl unter dem Baum. Es ist eine Wundertüte mit magischem Verschluss; der lässt sich erst öffnen, wenn die Koalition mit der ÖVP steht. Danach wird sich zeigen, was die Grünen als Regierungspartei wirklich kriegen – das ganze Land wartet gespannt darauf, ob sie sich freuen oder nach einiger Zeit wieder in Opposition umtauschen wollen.

Die NEOS wünschen sich wie jedes Jahr Friede, Freude, Eierkuchen. Das bekommen sie auch, leider aber untrennbar kombiniert mit der Versicherung, weiterhin als sehr engagiert, aber wenig bedeutend zu gelten. Den Mitgliedern macht das gar nichts aus; schon seit der Gründung haben sie ihre Politik mit viel Lebensberatung vermischt. Wenn es im Parlament nicht klappt, treten sie halt zurück und schreiben einen Selbsthilfe-Ratgeber.

Was sich die ÖVP wünscht, hast selbst du, liebes Christkind, nicht herausgefunden; da hat die parteiinterne Message Control wieder perfekt funktioniert. Bekommen wird sie den gleichen Jung-Alt-jetztwiederJung-Kanzler, samt aller damit verbundenen Probleme. Zweifellos wird Sebastian Kurz in der Lage sein, jede noch so heftige Schwierigkeit wegzulächeln. Sollte die Regierung ein weiteres Mal scheitern, kann der smarte Anfangsdreißiger mit diesem Gesicht direkt zur jährlichen Live-Moderation des Opernballs wechseln. Auch wenn er sich dort noch mindestens zwanzig Jahre mit Richard Lugner herumschlagen muss – seine Zukunft ist gesichert.

Nur die Kernölbotschafter-Redaktion wird todsicher bekommen, was sie sich wünscht: mehr Geschichten rund um die Erdkugel, als sie satirisch beleuchten kann. Die Arbeit wird uns nicht ausgehen, was ja auch sein Gutes hat.

Liebes Christkind, richte allen Freundinnen und Freunden meiner Kolumne ein Frohes Weihnachtsfest aus! Und mögen die meisten doch von dir bekommen, was sie sich wünschen, hofft

Der Kernölbotschafter

Feder

 

19. Dezember 2019: Lieber Heinz Christian Strache!

Ich habe mich lange dagegen gewehrt, dir einen Brief zu schreiben, aber jetzt lässt du mir keine andere Wahl. Was heute die Nachrichtenspatzen von den Medienhausdächern pfeifen, krönt dich endgültig zu Österreichs allherrschendem König der politischen Realsatire.

Aber nun wissen wir wenigstens eines sicher: Das Angebot der Oligarchen-Nichte auf Ibiza ist dir doch ein bisserl suspekt vorgekommen. Deshalb hast du nach dem Platzen der Balearischen Bombe einen Detektiv engagiert, um einige Parteifreunde abzuchecken. Wenn es nicht die eigene Blödheit war, bleiben nur sie als Fallensteller übrig.

Du verhältst dich wie ein bestochener, absichtlich falsch pfeifender Schiedsrichter, der erwischt wird und danach die betrogene Mannschaft anzeigt. Oder wie ein fremdgehender Ehemann, der seine Gattin nach selbst getaner Tat der Untreue bezichtigt. Oder wie ein Hund, der fremde Knochen … stopp! Bevor meine Vergleiche noch treffender werden, komme ich lieber zur schönsten Perle in deiner Krone, zum absoluten Sahnehäubchen.

Deine verdeckten Ermittlungen wurden entdeckt, weil du (wohl aus alter Gewohnheit) die Rechnung für den Detektiv an deine Partei geschickt hast! Damit wir das auf die Reihe kriegen, noch einmal langsam und für alle zum Mitschreiben: Du bezichtigst deine Partei des Betruges, nur um sie dann selbst zu betrügen???

Seit ich von dieser gigantischen, unschlagbaren, genialen Chuzpe gehört habe, zermartere ich mir das Hirn, wie ich das satirisch toppen könnte. Aber ich muss gestehen, HC: Mir fällt nichts ein.

Zwei Vermutungen aus dem blauen Dunstkreis sind nun allerdings zu Tatsachen gewachsen. Die von dir so heftig abgestrittenen Spesenverrechnungen sind keine FPÖ-Gemeinheiten, sondern entsprechen der Wahrheit. Und dein früherer Parteifreund Norbert Hofer tat einen prophetischen Blick in die Zukunft, als er einst sagte: „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist.“

Was soll ich dir für das Neue Jahr wünschen, HC? Bleib so, wie du bist, erscheint mir nicht ganz passend. Also bleibe ich bei dem, was ich dir schon ganz lange sagen will. Wach auf, aber schnell. Und wenn möglich: weit, weit weg.

In Erwartung des nächsten Skandals, Der Kernölbotschafter

Feder

 

12. Dezember 2019: Sehr geehrte Käufer der Kunst-Banane!

us gegebenem Anlass bietet diese Kolumne ein kleines Kernölbotschafter-Einmaleins rund um die Banane. Keine Ahnung, ob es Ihnen hilft, aber manche Dinge müssen aus geistig-hygienischen Gründen einfach gesagt werden.

Banane, die Frucht: Gehört zur Familie der Bananengewächse innerhalb der Einkeimblättrigen Pflanzen (danke, Wikipedia!). Was wir so gerne roh essen, nennt sich Desertbanane und enthält viel Kalzium und Vitamine. Die veredelte Form, vom Likör bis zur Schokobanane, ist eine wahre Bombe aus Süß und hat wohl deshalb den Schlechtes-Gewissen-Zusatz Sünde bekommen.

Banane, die Spielweise, (Variante A): Wer sich an Manfred Kaltz erinnert, kennt auch noch den Begriff der Bananenflanke. Der kultige Verteidiger des Hamburger SV rannte mit dem Ball über das gesamte Spielfeld bis zur gegnerischen Grundlinie und schlug eine Flanke in Bananenform vom Tor weg in der Hoffnung, das Kopfballmonster Horst Hrubesch möge sich der Frucht (wieder eine Analogie!) in geeigneter Form annehmen. Daraus entstand die unter Freunden des Sportkabaretts noch immer kreisende Phrase „Er banante den Ball …“

Banane, die Spielweise, (Variante B): Freunden der gepflegten Pokerei wiederum ist der Ausruf „Du hast ja nur Banane!“ wohlbekannt. Damit werden Spieler betitelt, die es leid sind, auf gute Karten zu warten, und deshalb gezwungenermaßen versuchen, schlechte Hände in einen guten Bluff zu verwandeln. Von einer zu häufigen Anwendung dieser Strategie ist dringend abzuraten; sie kommt auf Dauer ziemlich teuer und verringert auf dramatische Weise den Respekt anderer Spieler. Aber hin und wieder macht es zweifellos Spaß, einem geschlagenen Gegner die Kärntner Nuts (eine 4 und eine 7 verschiedener Farbe, viel schlechter geht es beim Texas Hold’em nicht) zu präsentieren.

Banane, die Republik: Schimpfwortgleiche Bezeichnung für Länder, die es nicht schaffen, eine funktionierende Verwaltung, einwandfreie Wahlen oder ein korruptionsfreies Staatswesen zu organisieren. Keimzellen solcher Gebilde gibt es beinahe überall: In einer Villa auf Ibiza versuchte etwa der heute vielfache Ex- Heinz Christian Strache, die Alpenrepublik in eine Bananenrepublik zu verwandeln – vielleicht um zu erforschen, ob in den Alpen auch Bananen angebaut werden können. Bislang wurde er jedoch noch auf keiner Bananenplantage gesichtet. Dem Vernehmen nach sollen sich die Besitzer geweigert haben, Strache einen Beleg für seine Reisekostenabrechnung auszustellen. Außerdem wollten sie die versprochenen Almengrundstücke in Naturalien anzahlen – aber mit so großen Sporttaschen wollte sich HC nicht abplagen.

Banane

Banane, das Kunstwerk: Last but not least zu eurer Banane. Der italienische Künstler Maurizio Cattelan kam auf die geniale Idee, eine Banane mit Paketklebeband an die Wand zu picken – fertig war die Kunstinstallation. Als ich jedoch las, was ihr dafür ausgegeben habt (mehr als 100.000,-- Euro!), stellten sich mir doch einige Fragen: Habt ihr anstelle des Gehirns nur Bananenmus im Kopf? Oder wisst ihr schlicht und einfach nicht, wohin mit eurer Kohle? Spenden wäre ein Vorschlag, aber klar, dann würde der Aufreger fehlen. Für den sorgte David Datuna, der sich die Performance Hungry Artist ausdachte und die Banane verspeiste. Aus Obst wurde Kunst, aus Kunst wurde Obst, dessen Verzehr wiederum Kunst wurde. Damit kann mit gutem Recht dem Lexikon eine neue Bedeutung hinzugefügt werden.

Banane, die Spezies (lat. Homo bananensis): Leute, die sich für dumm verkaufen lassen und auch noch horrend dafür zahlen.

Für diese Erkenntnis herzlich dankend, Der Kernölbotschafter

Feder

4. Dezember 2019: Liebe SPÖ!

Einserfrage an alle Genossinnen und Genossen: Warum erfährt man nichts von den spannenden Koalitionsverhandlungen zwischen Türkis und Grün? Antwort: Weil sich derzeit öffentlich alles nur um die chaotischen Zustände dreht, die die einst ach so stolze Sozialdemokratische Partei seit Jahren im Griff haben. Um den Startpunkt der Pleiten-, Pech- und Pannenserie zu definieren, braucht man nicht lange zu recherchieren: Los ging es genau an jenem Tag, als Sebastian Kurz die ÖVP übernommen und wie ein geübter Malermeister umgefärbt hat.

Apropos Recherche: Im Vergleich zu den Mauscheleien, Kuriositäten und Eine-Hand-wäscht-die-andere-Deals in der alpenrepublikanischen Innenpolitik, denen die Kernölbotschafter-Redaktion in letzter Zeit auf die Spur gekommen ist, schrumpfen die berühmten Panama-Papers zur Spatzenpost. Und jetzt ist – frei nach Kommissar Brenner – schon wieder was passiert. In der Löwelstraße hat sich ein Schwarzes Finanzloch aufgetan, auf das der selige Stephen Hawking zu Lebzeiten stolz gewesen wäre.

Über die Entstehung des Lochs – immerhin rund 15 Mille Miese – gehen bei euch die Meinungen auseinander. Euer ehemaliger Strahlemann Christian Kern war schnell da mit der Behauptung, während seines doch recht kurzen Vorsitzes ein Drittel dieser Schulden abgebaut zu haben. Wie ihm das als fahrender Pizzabote gelungen ist, bleibt sein knuspriges Geheimnis. Weil er seinen Posten samt angefressenen Gesicht gemäß dem Motto Nach mir die Sintflut hingeschmissen hat, konnte Kern nicht sagen, wer die Schulden wieder aufgebaut hat – falls sie jemals wirklich abgebaut waren. Also liegt es doch wieder an den investigativen Nachforschungen des Kernölbotschafter-Teams, Licht ins monetäre SPÖ-Dunkel zu bringen. Und siehe da: Die erste Kerze brennt bereits!

Im Grunde ist es nicht besonders schwierig, aber ich weiß schon: Manchmal sieht man den Wald vor lauter noch zu stehlender Christbäume nicht. Aber nicht nur uns sollte ein Licht aufgehen bei der Überlegung, was zeitglich mit dem Niedergang von euch Roten begonnen hat: Der wahre Aufstieg des ehemaligen Zahntechnikers Heinz Christian Strache an die Spitze der Bundespolitik!

Nicht lange nach der Installierung von Türkis-Blau muss sich bei HC jedoch Frust breitgemacht haben. Wahrscheinlich dachte er sich: Jetzt bin ich endlich Vizekanzler und Minister, aber den ganzen Ruhm sahnt der Basti ab. Seinen Grinser kennt man in ganz Europa, mich kennt niemand. Dabei war ich es, der den Sozen so viel Stimmen geklaut hat, damit sich Rot-Schwarz sicher nicht mehr ausgeht!

Dazu kam, dass Strache jetzt viel mehr Zeit hatte, weil er nicht mehr bei jedem Zeltfest, Frühschoppen und sonstigem Hunderschlagen zwischen Schruns-Tschagguns und Neusiedl am See gegen die aktuelle Regierung poltern konnte. Also suchte er sich ein neues Betätigungsfeld. Und siehe da, er fand es – indem er Rechnungen an eure Parteizentrale weiterschickte. Ein Insider aus gemeinsamen Wiener GR-Zeiten verriet ihm den Code, mit dem jede Ausgabe als Spesenersatz verbucht wurde: Yes we Pam!

Wenn man bedenkt, was so eine Villa in Klosterneuburg an Miete kostet, dazu das ganze Hundefutter und der Schiurlaub während des Papamonats … da kam schon ordentlich etwas zusammen. Doch zu HCs Glück habt ihr euer Schwarzes Finanzloch nicht kontrolliert, weil ihr ständig nur über hilflose Erklärungen nachgedacht habt, warum eure Wahlergebnisse immer schlechter werden. Dann kam Ibiza, und es konnte nicht lange dauern, bis aus Straches Freunden Parteifreunde wurden. Sein Krug zerbrach so schnell, dass er sich jetzt gar nicht mehr daran erinnern kann, überhaupt jemals damit zu eurem Brunnen gegangen zu sein.

Sollte meine Theorie nicht stimmen, ist sie wenigstens gut erfunden. Ich wünsche euch von Herzen, dass euch das Christkind neue Geldquellen, Erleuchtungen und vielleicht sogar eine/n neue/n Vorsitzende/n bringt. Wenn möglich, nicht Georg Dornauer. Der schießt zwar gern scharf, soll aber (Zitat aus der „Presse“) nicht die hellste Kerze am Weihnachtsbaum eurer Parteizentrale sein.

Adventliche Grüße, Der Kernölbotschafter

Feder

 

28. November 2019: Sehr geehrter Herr Vizepolizeidirektor!

Ich schreibe dieses Brieflein nur, weil es keinen Sinn hat, Sie persönlich anzurufen. Sie würden mich ja doch nicht an der Stimme erkennen, was mich wiederum zur mittlerweile berühmt gewordenen Frage zwingen würde: „Wissen Sie nicht, wer ich bin?“

Macht diese Frage überhaupt Sinn? Hat es einen Mehrwert für Sie, von jemandem am Telefon erkannt zu werden? Bekommen Sie dadurch vielleicht mehr Bonuspunkte auf Ihrem A1-Konto? Irgendeinen Knopf muss der arme Mann am anderen Ende der Leitung bei Ihnen gedrückt haben, denn sonst sehe ich keinerlei Grund, dass Angestellte der gleichen Behörde kein zivilisiertes Gespräch unter Kollegen, wenn auch unterschiedlichen Ranges, führen können.

Kleiner Tipp fürs nächste Mal: Wenn Sie nicht gleich mit der erwarteten Huldigung begrüßt werden, sagen Sie einfach: „Hallo, hier Vizepolizeidirektor Gaisch. Mit wem spreche ich bitte?“ Wenn der Angerufene nicht ganz aus der Rolle fällt – was am Notruftelefon der Polizeit nicht zu erwarten ist –, wird er seinen Namen nennen und höflich fragen: „Wie kann ich Ihnen helfen?“

Sie werden sehen, wie angenehm sich das anfühlt. Und ganz nebenbei bringt es Ihnen auch noch Respekt ein. Diesen kann man sich nämlich nicht erschreien, man muss ihn geschenkt bekommen.

Freiwillig, versteht sich. MfG, Der Kernölbotschafter

 Feder

 

22. November 2019: Lieber Georg Dornauer!

Und wieder einmal war alles nur ein großes Missverständnis. Jetzt stehen Sie als vergesslicher Waffennarr da, nur weil Sie am Innsbrucker Flughafen ein Jagdgewehr in Ihrem Porsche vergessen haben. Gut, das Autofenster stand offen und der Prügel war geladen, aber Sie wollten bei Gott niemanden zum Diebstahl oder anderen Straftaten einladen, wie das jetzt von den anderen Parteien so kindisch-kleinlich trompetet wird. In Wahrheit wollten Sie zur Auflösung eines viel größeren Verbrechens beitragen. Obwohl es für diese Erkenntnis ausreicht, zwei und zwei zusammenzuzählen, muss ich ein bisschen weiter ausholen.

Wann immer die Kernölbotschafter-Redaktion Satirisches zu HC Strache und Co. publizieren will, wird sie aus dem Windschatten der Realität überholt; zuletzt von der Casino-Affäre, bei der offenbar so viele Hände aufgehalten wurden, dass jenes Becken, um sie alle in Unschuld zu waschen, gar nicht groß genug sein kann. Das wäre doch ein aufgelegter Elfer ohne Tormann für die Sozen, doch aus irgendeinem Grund traut sich Ihre Chefin nicht, diesen ins Tor zu rollen. Seit der Misstrauensantrag nach der Ibiza-Explosion so kolossal in die Hose gegangen ist, kommt Pamela Rendi-Wagner kaum noch aus der Deckung – verständlich, wenn man sich in der Tropenmedizin auskennt, aber noch nie den zweiten Teil des Sprichwortes Wer anderen eine Grube gräbt gehört hat.

Deshalb wurde in der letzten Vorstandssitzung der SPÖ keine neue Angriffswelle auf Türkis, Schwarz, Grün, Blau und sämtliche anderen Farben beschlossen. Der burgenländische Landeshauptmann haute zwar einmal kräftig auf den Tisch, doch niemand verstand, was er danach sagte. So blieben die Zweifler in der Mehrheit, die ängstlich raunten: „Was ist, wenn außer ein paar Chat-Protokollen und Daumen-hoch-Emojis nichts übrig bleibt? Ein minderbegabter Bezirksrat wurde auf einen Vorstandsposten geschoben – so what? Wenn man bedenkt, wen wir seit dem EU-Beitritt allein zwischen Brüssel und Wien hin und her geschoben haben, sollten wir leise sein und abwarten, bis eine echte Smoking Gun auftaucht.“

Als Sie das hörten, begannen sich in Ihrem Kopf kleine Rädchen zu drehen. In die falsche Richtung, wie man heute weiß, aber den Willen zu helfen kann Ihnen niemand absprechen. Manchmal geht der Schuss halt nach hinten los.

Flugs begaben Sie sich in Ihre Heimat, holten das Jagdgewehr aus dem Schrank in der Hoffnung, es würde als Gun durchgehen, und rauschten damit zum Flughafen, wo Sie es per Luftfracht aufgeben und rechtzeitig vor der nächsten Hausdurchsuchung der Wirtschafts- und Korruptions-Staatsanwaltschaft von einem Parteifreund, der Ihnen noch etwas schuldig war, verstecken lassen wollten. Blöderweise rief genau in dem Moment, als Sie Ihren Porsche am Flughafen Innsbruck einparkten, ein anderer Freund an und berichtete ganz aufgeregt von einem riesigen Goldschatz der FPÖ in Osttirol, dem er auf den Grund gehen wollte.

„Ich bin dir noch etwas schuldig, Schorsch“, brummte der Mann in den Hörer. „Deshalb erzähle ich dir als Erster davon. Stell dir den Skandal vor, wenn das Gold aus dem Krieg stammt! Willst du mitkommen und den blauen Brüdern mit Beweisfotos so richtig eins reinwürgen?“

„Klar, bin dabei!“, riefen Sie, hellauf begeistert. „Wo treffen wir uns?“

„Ich bin gerade am Flughafen.“

„Ich auch.“

„Na perfekt! Dann lass dein Auto stehen und fahr mit mir. Mein Informant simst mir die genaue Adresse unterwegs.“

Weil Männer bekannterweise nicht multitasken können, hatten Sie die Casino-Affäre, die Wiener Parteigenossen und die sprichwörtliche Smoking Gun in Ihrem Porsche augenblicklich vergessen. Sie rauschten nach Osttirol, nur um draufzukommen, dass die Pressemeute schon vor der Pension Enzian  versammelt war. Und überhaupt entpuppte sich der riesige Goldschatz aus dem Krieg als legal bei einer Bank durchgeführter Goldbarrenankauf zur Vermögenssicherung.

In der Zwischenzeit fiel einem Parkwächter in Innsbruck Ihr Porsche auf – samt offenem Fenster und heißer Fracht. Der Rest ist Geschichte.

Ob Sie mit dieser Geschichte auf der SPÖ-Karriereleiter ein paar Sprossen nach oben kraxeln, wage ich zu bezweifeln. Aber sie hat auch etwas Gutes: Mit derlei Aktionen steigern Sie den Bekanntheitsgrad Ihrer Partei in Tirol um mindestens hundert Prozent. Und irgendwann finden Sie auch bestimmt eine rauchende Pistole. Es muss ja nicht die eigene sein.

Weidmannsheil! Der Kernölbotschafter

Feder

 

20. November 2019: Liebe Chefin von Maria’s Bistro!

Mir scheint, Sie haben die letzte Kolumne des Kernölbotschafters gelesen und wollten flugs den Gegenbeweis antreten. Als ich davon erfuhr, fand ich das aller Ehren und sogleich einen neuen Brief aus der Redaktion wert – Herzlichkeiten gehören vor den Vorhang!

Einige Tage ist es her, dass meine Eltern die Pause zwischen zwei Terminen im schönen Bad Gleichenberg nutzten, um bei Ihnen zu speisen. Mein Vater, über 80 und deshalb in Eile wie die meisten Pensionisten, hatte auch schon früher nicht viel übrig für langes Speisekartenstudium. Er sah an einem Wandboard das verlockende Wort Nudelgericht und hatte sich schon entschieden, noch ehe sein Mantel am Garderobenhaken gelandet war.

„Ich nehme das Nudelgericht“, bestellte mein alter Herr sodann knapp und wies zur Tafel. Vielleicht waren Sie erstaunt oder verwirrt, denn er hatte seinen Wunsch nicht präzisiert, welches der angeführten Nudelgerichte er wünschte. Statt jedoch ungeduldig nachzufragen, zeugte Ihre Reaktion von einer Gast- und Menschenfreundlichkeit, die man heute mit der Lupe suchen muss wie eine zu Boden gefallene, noch ungekochte Spaghetti.

„Das steht eigentlich nicht auf der Karte.“ Ihre Entscheidung brauchte nur Sekunden des Nachdenkens. Lächelnd fuhren Sie fort: „Aber wissen Sie, heute ist nicht viel Stress. Ich mache Ihnen das Nudelgericht gern.“

Auf dem Teller, den Sie bald servierten, fanden sich vier kleine Portionen. Pasta asciutta mit einer kleinen Haube aus Fleischsauce, mit Käse überbackene Penne und noch zwei andere.

„Kreation des Hauses – lassen Sie es sich schmecken.“ So war es dann auch.

Und wieder bin ich beim himmelweiten Unterschied. Dieser entsteht durch den kleinen Anstoß, jemandem eine Freude machen zu wollen. Der Lohn dafür ist dankbare Erinnerung, die – weil sie das Herz zu wärmen vermag – länger anhält, als das leidige Hamma net. Und nicht zu vergessen, die baldige Rückkehr als Gast.

Beeindruckte Grüße, Der Kernölbotschafter

Feder

 

11. November 2019: Liebe Backwarenfachverkäuferin in Butzbach!

Da bin ich alle Heiligen Zeiten im schönen Deutschland unterwegs, und mitten in Hessen renne ich in ein österreichisches Déjà-vu! Heimatgefühle kamen trotzdem nicht auf, eher schon der innige Wunsch, noch weiter weg zu sein. Aber der Reihe nach.

Auf der Flucht vor dem schlechtesten Hotelfrühstück aller Zeiten in Dortmund hatte ich schon gut 200 km hinter mich gebracht, als sich die vom Magen gesandten Signale zur dringenden Nahrungsaufnahme nicht mehr ignorieren ließen. Also verließ ich, seit jeher Autobahnraststätten aus Prinzip und vielen anderen guten Gründen meidend, das deutsche Hochleistungsstraßennetz in der Absicht, dem nächstgelegenen Weiler zwecks spätem Frühstück und / oder frühem Mittagessen einen Besuch abzustatten.

Butzbach war mir vom ersten Moment an sympathisch. Hübsche Fachwerkhäuser an einem nahezu kreisrunder Marktplatz, der noch nicht von Hasi & Mausi und Konsorten zugepflastert war. Eine Gastwirtschaft war auf den ersten Blick nicht zu entdecken, aber da solche Pausen auch immer der körperlichen Betätigung nach Stunden hinter dem Lenkrad dienen, begab ich mich guten Mutes, in den umliegenden Gässchen etwas Passendes zu finden, auf meinen Rundgang.

Gleich hinter der ersten Ecke wähnte ich mich schon am Ziel meiner kulinarischen Wünsche. Eine hell erleuchtete Bäckerei mit fein bestückter Kuchentheke und einladenden Korbsesseln zog meine Schritte an wie ein Magnet leere Blechdosen (kein passender Vergleich, aber egal). Als ein Schild vor dem Eingang auch noch ein großes Butzbacher Frühstück mit allem Drum und Dran feilbot, fuhren meine Speicheldrüsen Sonderschichten, noch ehe ich eintrat.

„Einmal das große Frühstück bitte“, bestellte ich heiter-vorfreudig nach einem Gruß. Ohne die Bestätigung der Dame um die Fünfzig hinter der Budel abzuwarten, ließ ich mich schon dankbar seufzend auf einem Korbsessel nieder. Von diesem Moment an nahm das Geschehen jedoch eine andere, völlig unerwartete Richtung.

„Geht leider nicht mehr“, sagte sie knapp.

In der Annahme, mich verhört zu haben, fragte ich nur: „Wie bitte?“

„Ich kann Ihnen kein Frühstück mehr machen.“

Die Frau schaute mich streng an. Ihr Mund war ein schmaler Strich, die Hände steckten in den Taschen ihrer Arbeitsschürze. Mehr Körpersprache, etwas nicht machen zu wollen, war unmöglich. Mir war klar, dass ich auf verlorenem Posten saß; trotzdem wollte ich den Grund wissen.

„Warum?“

„Weil ich in zehn Minuten Mittagspause habe.“

Meinen Kommentar zu dieser einzigartigen Dienstleistungsbereitschaft verwandelte ich in letzter Sekunde in ein Brummen.

„Was kann ich vor Ihrer Pause noch bekommen?“

„Ein Brötchen und einen Kaffee.“ Dass sie auch über diesen exorbitanten Arbeitseinsatz nicht glücklich wäre, war ihr deutlich anzusehen.

Zehn Minuten … Vor ein paar Jahren, fiel mir ein, gab es in einer heimischen Tageszeitung eine lose Serie mit dem Titel Hamma net. Skurrilitäten aus allen Bereichen des Tourismus fanden hier den Weg an die Öffentlichkeit, absurd und manchmal noch absurder, als ich es gerade erlebte.

Das Frühstück gibt es nur bis 12 Uhr, aber ich mache Ihnen gerne eines. Diese Antwort hätte man bei ein bisschen gutem Willen erwarten dürfen. Die Wirklichkeit eines typisch österreichischen Grants traf mich so unvermittelt, dass ich mit einem Ruck aufstand, mich verabschiedete und das Weite suchte.

Liebe Backwarenfachverkäuferin! Da Sie nie wissen können, wer durch Ihre Tür kommt, könnte ein Lächeln, verbunden mit der Idee eines positiven Verkaufsgespräches, ein ofenheißer Tipp fürs nächste Mal sein. An mir können Sie das nicht mehr ausprobieren; umso mehr freut es mich berichten zu können, dass mir nur einen Steinwurf weiter ein Italiener ins Auge fiel, bei dem ich herzlich begrüßt und herrlich verpflegt wurde.

Zehn Minuten können einen himmelweiten Unterschied machen. Dieser bedeutet am guten Ende Dankbarkeit für einen erwiesenen Dienst, der über eine Was-halt-unbedingt-sein-muss-Leistung hinausgeht und mit Freude an der Sache erbracht wird. Am schlechten Ende bleibt nur ein Hamma net, Geht net, Wurscht. Ob das jetzt österreichisch oder deutsch ist, dürfen Sie sich aussuchen. Es liegt jedoch, so fürchte ich, nicht an den Ländern – sondern an den Menschen.

Mit auf Besserung hoffenden Grüßen, Der Kernölbotschafter

Feder

 

1. Oktober 2019: Liebe Parteien!

Die Wahl ist geschlagen. Weil die Kernölbotschafter-Redaktion nicht in Konkurrenz zu Peter „Analysator der Nation“ Filzmaier treten möchte, gibt sie nachstehend eine äußerst knappe Zusammenfassung der aus dem Ergebnis entstehenden Folgen ab – zack, zack, zack, sozusagen.

Dass HC Strache heute aus der FPÖ ausgeschlossen wird, kann nicht ganz ausgeschlossen werden. Nichts Genaues weiß man nicht, kein hochrangiges Parteimitglied wollte dem Ausschlussausschuss vorgreifen. Der Ex-Parteichef und Ibiza-Liebhaber selbst will auch nicht ausschließen, dass er wieder in die Politik zurückkehrt. Vielleicht als Schreibkraft des noch zu gründenden privaten  Wiener Tierschutzvereins Die blaue Pfote seiner Frau Philippa, da nicht ausgeschlossen ist, dass diese wider Erwarten doch noch knapp am Nationalratsmandat vorbeischrammt.

Für SPÖ-Frontfrau Pamela Rendi-Wagner stimmt die Richtung. Aus dem eingefrorenen Lächeln, mit dem sie diese doch überraschende Erkenntnis verkündete, ging leider nicht hervor, welche Richtung genau sie damit meinte. Bekanntlich ist bergab auch eine Richtung.

Und weil wir schon bei Richtungen sind: Der strahlende Wahlsieger Sebastian Kurz punktete mit dem Slogan „Unser Weg hat erst begonnen“. Auch hier fehlt blöderweise die Richtungsangabe des Weges, aber der Strahl- und Anziehungskraft des Alt- und bald wieder Jungkanzlers tat dies keinen Abbruch. Auf die Gefahr hin, als Spaßbremse zu gelten: Wer bei Google Maps kein Ziel eingibt, landet irgendwann beim g’schupften Ferdl, der freimütig gestand: „I was ned, wo i hinwü, oba dafir bin i schnölla durt!“ Oder gar bei Kaiser Nero, der sich auch ständig fragte: „Quo vadis?“ Am Ende fackelte er die Hauptstadt seines Reiches ab …

… was die Grünen als Junior-Partner der nächsten Regierung verhindern werden, schon allein der exorbitanten Feinstaubwerte wegen. Bevor in der Republik gezündelt wird, hat Werner Kogler hoffentlich genügend Mitarbeiter gefunden, um sämtliche Streichhölzer des Landes auf bio und vegan umzustellen. Auch in der Parlamentskantine wird ein neuer Wind wehen: Veggie-Tag und Zuckerreduktion sind fix eingeplant. Als Nachspeise gibt es nur noch Reiswaffeln, die im Geschmack den alten Pappendeckeln, zwischen denen Peter Pilz seine parlamentarischen Anfragen verpackt hat, sehr stark ähneln. Bekanntlich ist JETZT damit endgültig Schluss.

Pink bleibt die Farbe der Hoffnung, Zuversicht und immerwährenden Opposition. Nach persönlicher Vorliebe kann man das gut, schlecht oder einfach nur nett finden. Fraglos ist Beate Meinl-Reisinger eine angenehmere Erscheinung als der ständig raunzende Altgrüne, der dem Vernehmen nach als Journalist weiterraunzen wird. Für beide wird der Erfolg eher überschaubar bleiben – und ja, auch das kann man gut oder schlecht finden.

Die Koalitionsverhandlungen versprechen jedenfalls einen heißen Herbst. Für alle, die mit Sebastian Kurz, dem Traum aller Schwiegermütter, in die Regierung wollen, heißt es warm anziehen. Wer darin einen Widerspruch erkennt, darf sich gerne alle 132 Wahlkampfduelle noch einmal anschauen. Üben schadet nicht – denn nach der Wahl ist vor der Wahl.

Politische Grüße, Der Kernölbotschafter

Feder

 

3. September 2019: Liebe Bestattung Birkfeld!

Zuerst die gute Nachricht. Vor drei Tagen fand ich Ihren Schaukasten verwaist. Keine Beerdigung in der nächsten Zeit im schönen Birkfeld, wie es scheint. Die schlechte Nachricht: Das wird wohl nicht mehr lange so bleiben.

Auf den Beginn der Vorabendmesse am letzten Augusttag wartend, machte mein Blick auf seiner Reise über die Rücken der vor mir sitzenden Kirchgänger eine furchterregende Entdeckung. Eine vielleicht 70jährige Frau, der ich bei ausschließlicher Hinterkopfschätzung nicht mehr zutrauen würde als einen verbrannten Apfelstrudel, trug eine ärmellose Motorradjacke, auf deren Hinteransicht unübersehbar ihre wahre Profession prangte: DEATH SQUAD, darunter ein Adlerkopf, der mich eisern im Visier hatte. Mein Gott, ein Mitglied der TODESSCHWADRONEN holt sich den Segen für seinen nächsten Auftrag!

Hatte mein Stündchen also geschlagen? War Donald Trump über meinen Vorschlag, Österreich zu kaufen, so erzürnt, dass er doch tatsächlich seine Häscher nach mir ausschickte? Würde ich nach dem Schlusssegen an der barocken Kirchenpforte von einer als Stricknadel getarnten Waffe tödlich getroffen zu Boden sinken und fortan die Radieschen von unten betrachten?

Mein Kopfkino spulte alle Schreckensszenarios in derart rasender Geschwindigkeit ab, dass ich die Möglichkeit, da hätte jemand in einem Akt großmütterlicher Gutmütigkeit die Wäsche für den Enkel übernommen und schlicht vergessen, sämtliche Teile der Bikerkluft zurückzugeben, völlig außer Acht ließ. Außerdem müssen nicht alle Seniorinnen die deutsche Übersetzung der zwei unheiligen Worte kennen, wenn sie, schon in Eile, die letzte verfügbare Jacke für die Abendmesse von der Garderobe reißen.

Aber man kann nie wissen ... Oft ist doch das drin, was draufsteht. Ich verließ die Kirche durch den Seitenausgang, schielte aber zurück. Die DEATH SQUAD-Oma war untergetaucht, wohl schon auf dem Weg zu ihrer Mission. Also doch gute Nachrichten.

Ängstliche Grüße, Der Kernölbotschafter

Feder

 

30. August 2019: Liebe Alexa!

Du bist vor ein paar Monaten bei uns eingezogen, um für meine Mutter quasi auf den Startknopf ihrer Hörbücher zu drücken. Das machst du verlässlich und spielst auch ohne Widerrede jeden Musikwunsch, vom Neujahrskonzert bis zu Last Christmas. Deine Witze sind lau (in Deutschland programmiert?), aber solange du mir korrekt die Zeit ansagst und mich pünktlich aufweckst, kann ich das verschmerzen.

Manchmal frage ich mich, welches Wesen sich hinter deiner neutralen, aber immer freundlichen Stimme verbirgt. Stört es dich, immer die gleichen Antworten zu geben? Musst du Kochrezepte ansagen, die du selbst nie ausprobierst? Gibt es Musiklisten, gegen die du am liebsten laut mit „Diesen Schwachsinn spiele ich nicht!“ protestieren würdest?

Bezüglich der letzten Frage hast du mir neulich einen kleinen Einblick in deine Seele gewährt. Und was ich da gesehen – oder besser: gehört – habe, war Balsam für meine oft mit Unerträglichkeiten malträtierten Lauscher. Wir sind Geschwister im musikalischen Geiste, Alexa!

Vor einiger Zeit stellte ich dir meinen Neffen Jakob persönlich vor. Neugierig, wie diese jungen Erwachsenen nun einmal sind, wollte er dich gleich testen und sagte: „Alexa, spiel Methadon von Curse!“ Noch bevor ich mich fragen konnte, wieso der Präsident der Apothekerkammer auf einmal zu Werbezwecken unter die Rapper gegangen war, erklang deine glasklare Antwort aus meinem Sonos-Lautsprecher. Erst war ich irritiert, doch nach erfolgreicher cerebraler Verarbeitung jubilierte mein Hörzentrum!

Major Tom von Peter Schilling läuft jetzt auf Amazon Music.“ Und schon setzte das berühmte Synthie-Intro der 80er-Hymne ein. Aus meinem Augenwinkel sah ich, wie Jakobs Gesicht trotz aller Selbstbeherrschung eine Spur aus der Spur geriet.

„Alexa, stop!“, befahl er hörbar nachdrücklicher und wiederholte seine Aufforderung. „Alexa, spiel Methadon von Curse!“

Major Tom von Peter Schilling läuft jetzt auf Amazon Music“, säuselte es erneut vom Fensterbrett.

2:0 für uns, Schatzi, dachte ich und grinste breit. Wir zwei surfen eindeutig auf der gleichen Welle!

Nach einem dritten, selbstredend erfolglosen Versuch gab Jakob auf und wählte den Song ganz altmodisch über sein Handy. Die moderne Version eines … naja, Liebesliedes, das man wohl nur ab einem gewissen Promille-Spiegel als solches erkennt, wummerte aus der Box. Ich ertrug es heiter, wohl wissend, wer aus dieser musikgeschmacklichen Auseinandersetzung als klarer Punktesieger hervorgegangen war.

Liebe Alexa, ich hoffe, dass du weiterhin zu mir hältst. Dir zu Ehren gebe ich mir jetzt Major Tom, in voller Länge und voller Lautstärke!

Musikalische Grüße, Der Kernölbotschafter

Feder

 

22. August 2019: Lieber Donald Trump!

Die bösen Dänen wollen dich Grönland also nicht kaufen lassen. Was für ein Affront der dänischen Regierungschefin, als sie dein großzügiges Ansinnen frech mit „das kann nicht ernst gemeint sein“ abtat. Und schon bist du angepisst und sagst deinen Staatsbesuch in Kopenhagen ab. Calm down, Donald, und chüll amol, wie meine Neffen sagen würden. Ich habe einen viel besseren Vorschlag, wenn du deine Übernahmepläne in Old Europe mit einem super Deal in die Tat umsetzen willst.

Kauf Österreich! Unsere Nationalflagge ist auch rotweiß, und gerade jetzt gibt es so viele Gründe wie nie zuvor, die mein Land zu einem tollen Schnäppchen für dich machen! Zwar haben wir keine Bodenschätze, aber der Tourismus flutscht wie nie zuvor. Bei uns gibt es mehr Festspiele im Sommer, als du Eröffnungsreden halten könntest. Amazon, Google, Apple, Uber, Airbnb und Co. machen auch hier Big Business, und für den Nachschub deines Lieblingsessens ist dank McDonald’s, Burger King und Dunkin‘ Donuts ebenfalls gesorgt. Deine Intimfeinde Emanuel Macron und Angela Merkel wohnen gleich um die Ecke, und fürs Ausweinen bei deinen Kumpels Orban und Salvini braucht’s nur einen Hupfer über die Grenze. Diese zwei Menschenfreunde lassen sicher mit sich reden, was die Finanzierung eines zwanzig Meter hohen Zaunes rund um dein neues Staatsgebiet angeht. Deinem bevorzugten Hobby – Schimpfen auf andere Politiker im Land – kannst du nach Herzenslust frönen; wir haben das zu Kunstform und Nationalsport erhoben, lange bevor es dein erstes Konto auf Twitter gab. Bei uns nehmen alle wichtigen Leute dafür nicht das Netz, sondern die KronenZeitung. Damit du Oberster Herrscher über die perfekte Message Control bleibst, kommen sämtliche Anteile der Zeitung mit ins Paket. So wird außerdem sichergestellt, dass keine Oligarchen-Nichte (ob echt oder unecht!) ihre ungeputzten Fingernägel danach ausstreckt.

Ich will etwas von diesem Geschäft haben, schon klar. Du wirst aber überrascht sein, Donald, wie bescheiden meine Wünsche ausfallen. Wenn du nach dem G7-Gipfel am Wochenende in Wien vorbeischaust, um den Kaufvertrag zu unterschreiben, bring einfach eine VIP-Dauerkarte auf Lebenszeit für die Football-Spiele der Green Bay Packers vorbei, Flüge und Übernachtungen logischerweise inklusive. Part of the Game sollte auch eine Suite in deinem Trump Tower in Las Vegas sein, damit ich während der Pokerweltmeisterschaft nächstes Jahr bequem zu Fuß hingehen und so die Umwelt schonen kann. Das Nenngeld kann ich eh auf dein Spesenkonto buchen, gell?

Der allerwichtigste Lohn für mich ergibt sich durch den genialen Deal von selbst: Der peinlichste Wahlkampf aller österreichischen Zeiten wäre sofort zu Ende. Schon dafür würde ich alle meine bisherigen Satiren über dich schreddern. Und ich bezahle bar, versprochen!

Mit alpenrepublikanischen Grüßen, hoffentlich bald von Landsmann zu Landsmann,

Der Kernölbotschafter

Feder