Festspielzeit ist

Festspielzeit ist, wenn mir trotz Hochbetriebs das Glück eines im genau richtigen Moment frei werdenden Tisches auf der Terrasse des Café Tomaselli zuteil wird. Wenn mindestens drei schwer beladene Kellner mir im Vorbeigehen zurufen: „Der Kollege kommt gleich!“ Und wenn mir das nichts ausmacht, weil es Vorfreude und Schau-Genuss gleichermaßen verlängert.

Festspielzeit ist, wenn sich auf den ersten Blick klärt, wer zur nächsten Matinee gehen wird, wer von der letzten Premiere gekommen ist und wer nur sehnsüchtig auf das Mittagessen wartet. Wenn der Ehemann zwecks Kauf eines Anzugs zum Dantendorfer geschleppt werden muss. Und wenn trotz dieses Erfolges alle weiblichen Überredungskünste nicht dazu führen, dass er auch seine ausgetretenen schwarzen Halbschuhe, die noch aus dem letzten Jahrtausend stammen, zugunsten eines neuen Paares der Altkleidersammlung überantwortet.

Festspielzeit ist, wenn Japaner die luftigsten Sommerhüte tragen, Italiener die coolsten Sonnenbrillen und Musliminnen die buntesten Kopftücher. Wenn sogar die Tauben auf dem Alten Markt wie nach einer einstudierten Choreographie umherstolzieren. Und wenn auch der Glasmusiker hintereinander ein Stück von Mozart, von Haydn und von Händel zum Besten gibt.

Festspielzeit ist, wenn die Buhlschaft mit dem Tod vor dem Triangel sitzt. Wenn Frau Präsidentin zwischen zwei Melange Stammgäste begrüßt, Intendanten verabschiedet und der Presse ein Interview gibt. Und wenn sich drohende Gewitterwolken aus purem Anstand rechtzeitig vor dem Jedermann auflösen.