Der Kernölbotschafter trifft Señora Corona

Viel mehr als ein Tagebuch

 

Postfahrrad

 

29. April 2020: Gegen wen Señora Corona keine Chance hat

Jo hallo, hier ist der Kernölbotschafter. Der HG ist nicht da – er weilt schon wieder bei zwei Auswärtsterminen in Studenzen, dieses Dorf scheint es ihm aus irgendeinem Grund angetan zu haben –, also hat er mich dazu verdonnert, die Redaktion zu hüten. Der Weg von meiner Wohnung ist ja nicht weit, und weil die Luft nach dem Regen so schön frisch ist, habe ich mich an den Spruch des Turnvaters Jahn erinnert und beschlossen, frisch, frei, fröhlich, fromm herzuspazieren.

Kennen Sie die alte Bauernregel Je fröhlicher du selber bist, umso mehr zwiderne Leut’ du triffst? Es war unglaublich! Kaum jemand auf der Straße, dem die Mundwinkel nicht auf der Kniescheibe hingen. Okay, das Wetter in der Früh war nicht erste Sahne, aber gerade den Wassernachschub von oben brauchen wir eh so dringend, der ist auch ein Grund zur Freude. Keine Spur davon – nach dem heutigen Tag glaube ich sowieso, dieses Vokabel kommt im Wortschatz der meisten Leute gar nicht vor. Und denen vorzubeten, wie gut sie es in Wirklichkeit haben, dass es anderen viel schlechter geht und sie das auch checken, wenn sie nur zwei Sekunden in die Zeitung schauen, ist verlorene Mühe; von Liebe spreche ich da erst gar nicht.

Nein, Freunde, der alte KB weiß etwas viel Besseres: Wir lassen die Suderanten, Trübsalbläser und Dunkelgrauschwarzmaler genau so links liegen wie die neuerdings komisch links anmutenden Ideen des Herbert Kickl. Sein Gieskannentausender für alle (wohin sind bloß die kleinen Leute der FPÖ verschwunden?) macht gleich wenig Sinn, wie der AUA (endlich stimmt der Name!) ohne Gegenleistung fast 800 Mille in die kalten Kerosintanks zu blasen.

Was aber sehr wohl Sinn macht: Sich daran zu erinnern, dass es auch andere Menschen gibt. Menschen, die weitermachen und sich nicht unterkriegen lassen. Die trotz Señora Corona derart fröhlich und aufgeräumt durchs Leben rauschen, als hätte ihnen Bill Gates persönlich bei der Geburt ein unzerstörbares positives Betriebssystem eingebaut. Sie denken, ich fantasiere? Weit gefehlt – diese Erdlinge gibt es. Deshalb stelle ich Ihnen zwei davon vor.

Gelbschwarz wie die Biene Maja (jetzt nur nicht an Karel Gott denken!), nur größer und dank Elektrolieferfahrrad auch viel schneller – das ist Conny, die täglich dem HG seine Firmenpost bringt. Er schwärmt in höchsten Tönen von ihr, und nachdem ich sie kürzlich selbst kennenlernte, muss ich zugeben: Er hat recht. Schlechte Laune scheint dieses quirlige Springinkerl nicht zu kennen. Mit einem kernigen „Geht’s euch gut?“ erscheint Conny in der Redaktion, schäkert ein bisschen mit unserer Sekretärin (HG darf sie nicht so nennen, aber ich schon; weil sie mich lieber mag, ätsch!) und zischt schon wieder weiter, um dem nächsten Postempfänger einen kräftigen Energieschub zu verpassen. Menschen von Connys Typ sind viel zu selten. Sie sorgen dafür, dass der Luftdruck steigt, die Sonne aufgeht und so richtig Leben in die Bude kommt. Ihre Fröhlichkeit verbreitet sich in jeder Ecke, und man lächelt weiter, wenn sie schon lange fort sind. In solchen Momenten fragen wir uns, warum sich die Suderanten oft viel tiefer in unsere Festplatten brennen als Leute wie Conny. Das läuft falsch, und wenn die spanische Bierverkäuferin irgendwas Gutes hat, dann gibt sie uns Anlass, diese dämliche Programmierung zu ändern.

Von seinem Physiotherapeuten Markus hat der HG schon kurz erzählt. Irgendwie wundert es mich selber, dass er heute hier auftaucht, denn dem Temperament nach ist er so ziemlich das Gegenteil von Conny. Absolut ruhig und zurückhaltend, aber wer ihn länger kennt, erkennt das stille Wasser in dem kleinen, drahtigen Kerl. (Irgendwie geht das Sprichwort anders, aber Sie wissen schon, was ich meine.) Apropos klein und drahtig: Markus schaut nicht unbedingt danach aus, aber der hat einen Griff, kann ich Ihnen sagen! Einmal hatte der HG keine Zeit für (oder keine Lust auf) die Therapie, da hat er mich geschickt. Diese halbe Stunde Dehnen wird schon nicht so schlimm sein, habe ich mir gedacht, aber danach sangen meine Oberschenkelsehnen das Hohe C sauberer als  eine Königin der Nacht es je geschafft hat – und einige von denen waren echt gut! Markus lächelt dazu, erzählt Geschichten von seinen Kindern, schaut kein bisschen angestrengt drein. Er findet immer Lösungen für HGs Wehwehchen und jammert auch während der Krise nicht, obwohl er viel weniger Arbeit hat. „Was soll’s, es geht immer weiter“, lautet sein Wahlspruch, und schon packt er bei der nächsten Übung zu.

Mehr Markusse, mehr Connys – das würde mehr Lachen und mehr Zupacken bedeuten. Und am Wichtigsten: endlich Schluss mit dem Gesudere in unserem Land, das bei genauem Hinschauen gerade jetzt noch immer eine Insel der Seligen ist. Gegen diese Überzeugung hätte Señora Corona nicht den geringsten Hauch einer Chance. Aber solange der Ö3-Wecker es nicht sagt und die KronenZeitung es nicht schreibt, glauben es die gelernten ÖsterreicherInnen nicht und verstecken sich lieber in ihrer winzigen, dunkelgrauschwarzen Hätti-Wari-Täti-Welt.

Da fällt mir noch was ein – und ich muss es gleich mit einem Geständnis verbinden: Meine Fans wissen, dass ich gerne über den Radiosender lästere, der sich selbst Hitradio schimpft. Oft tue ich das angesichts der zumeist gespielten Musik mit voller Berechtigung. Zum Beispiel dreht sich seit dem groß beworbenen, rotweißroten Musikwochenende in meinem Kopf ein schräger Ohrwurm, kombiniert aus Motorboot und Der Märchenprinz. Der irre Satz In diesem Disco-Bunker bin ich der Märchenprinz, und ruadan tua i nua zua Not rennt seither in Heavy Rotation durch mein inneres Gehör. Meine Sticheleien sind also viel eher Selbstschutz als Boshaftigkeit.

Heute lief aber, als ich wieder einmal auf dem Weg zu einer Tour de BILLA war, ein neuer Song – so gut, dass ich sofort beim Sender um den Titel angerufen habe. Meine eigene Nummer muss ich nachschauen, aber die von Ö3 habe ich im Kopf; brauchen Sie noch mehr Beweise, wie sehr wir von den Medien gebrainwashed werden??? Na jedenfalls, eine nette Dame nannte mir den Titel und die Band. Nach dem Einkaufen wusste ich nur noch, dass in einem von beiden ein Gebirge vorkam; seither suche ich im weltweiten Netz danach.

Mein Gehirn gleicht manchmal einem Nudelsieb. Das macht aber nichts, weil es mir die gute Laune nicht verdirbt. Ich bin wie Conny und Markus – es gibt immer einen Grund zum Lachen und immer eine Lösung. Wenn ich den Song nicht finde, höre ich halt Karel Gott.

Erkenntnis des Tages: „Sag mir, wer deine fünf besten Freunde sind, und ich sage dir, wer du bist.“ Achten Sie sehr genau auf Ihr persönliches Umfeld. Es entscheidet darüber, wie viel Energie Sie haben, ob Sie persönliche Ziele erreichen können, und wie gut Sie schwierige Situationen meistern. Energieräuber kann man nicht immer vermeiden, wohl aber die Zeit mit ihnen verkürzen.

Zitat des Tages: „Heute hab ’ich mich ärgern müssen. Aber wenn ich es rausgelassen habe, ist alles wieder gut. Ihr kennt mich eh schon!“ (Jeder Besuch von Conny in unserem Büro hat mit einem Lächeln geendet. Und ich betone: jeder.)

Song des Tages: Hat der Kernölbotschafter den Ö3-Song doch noch gefunden? Was meinen die Leserinnen und Leser des Tagebuchs? Ob Sie recht haben oder nicht, verrät Ihnen gleich der Link: https://www.youtube.com/watch?v=o-mCm7V7Jxo

Feder

 

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